Unsere Veranstaltungen

Was lief? Ein kleiner Überblick

Neben unserer Ausstellung, den Stadtrundgängen, den Film- und Musikabenden und der Betriebsführung im Typorama organisierten wir zum 150. Jubiläum des Ortsvereins auch sieben Veranstaltungen zu – wir wir glauben – brennenden Themen. Hier eine Zusammenfassung, worum es dabei ging.

1. Von den Buchdruckern zur bunten Medienwelt

Die Kultur- und Organisationsgeschichte der Druckindustrie

Ohne den Buchdruck hätte es keine Aufklärung gegeben, ohne Rotationsmaschinen keine Massenblätter, ohne Flugschriften keine Rebellionen: Keine andere Branche hat früher so sehr zur Veränderung der Gesellschaften beigetragen wie die Druckindustrie. Und keine Industrie ist so schnell und gründlich von der Digitalisierung erfasst worden. Was hat das mit den Menschen gemacht? Wie wehrten sie sich wann gegen Ausbeutung und unzumutbare Arbeitsbedingungen? Und vor welchen Herausforderungen steht das Gewerbe heute?

Darüber informierte am 5. Mai 2022 Constanze Lindemann, eine der InitiatorInnen der zentralen ver.di-Ausstellung 150 Jahre jung. Vom Buchdruckerverband zur Einheitsgewerkschaft ver.di.

2. Vom Proletariat zum Prekariat

Anpassung und Gegenwehr am Arbeitsplatz

Die Arbeitswelt unterliegt einem permanenten Wandel und bringt zunehmend prekär Beschäftigung hervor – die Verlierer:innen der Digitalisierung. Materielle Existenzsicherung und arbeitsrechtlicher Schutz gelten nicht fürs moderne Prekariat. Aber was tun? Auf der Veranstaltung am 9. Mai 2022 berichtete der Soziologe Franz Schultheis über die Erfahrungen prekär Beschäftigter und über Strategien gegen die zunehmende Ausbeutung. Einen Bericht zur Veranstaltung findet sich im Online-Magazin seemoz.de.

3. Überlastet und unterbezahlt

Die Lage der Pflegekräfte – und was wir dagegen tun können

Auf der einen Seite Massenflucht vor miesen Jobs, dramatischer Personalmangel, Privatisierungen,  Reallohnkürzungen, eklatante Missachtung durch die politisch Verantwortlichen. Und auf der anderen immer wieder Streiks für Personaluntergrenzen und halbwegs anständige Lohnerhöhungen: Was im Gesundheitssektor passiert, geht uns alle an. Und so diskutierten am 11. Mai 2022 Fachleute aus regionalen Einrichtungen über die zentrale Frage: Was ist zu tun?

Mit dabei waren Hannes Hänßler (Intensivpfleger/Personalrat Klinikum Konstanz), Vanessa Solbeck (Praxisanleiterin/Gesundheitsschwester ZfP Reichenau/Stockach), Normen Küttner (Personalrat Rotes Kreuz), Noel Matausch (Pfleger Klinikum Konstanz).

4. Die rettende Grenze

Geschichten von Schmuggel, Flucht und Fluchthilfe

Am westlichen Bodensee spielte der illegale Grenzübertritt stets eine gewichtige Rolle – und oft war er demokratiefördernd und lebensrettend: Vor und während der demokratischen Revolution 1848 zum Beispiel, als liberale Konstanzer Verleger ihre Druckschriften in Kreuzlingen herausbrachten; während der repressiven Bismarck-Zeit – oder zur Nazizeit, als mutige Menschen NS-Verfolgte in die rettende Schweiz in Sicherheit brachten.

An der Debatte über Flucht und Schmuggel früher und jetzt beteiligten sich am 12. Mai 2022 Alexa Best (Flüchtlingshelferin), Jürgen Weber (Filmer, Seebrücke), Gabriel Endurance (Nigeria/D), Thomas Nuding (Seenotretter) und Ralph Braun (Buchautor, OV Medien Konstanz). Gesprächsleitung: David Tchakoura (Stabsstelle Stadt Konstanz International). 

Wir begrüßen auch weiterhin Spenden für das Projekt SARAH-Seenotrettung!

5. Der lange Kampf der Frauen

Grenzüberschreitend für gleiche Rechte und gleichen Lohn

Anfang Februar 2021 feierten die Schweizerinnen ein besonderes Jubiläum: Seit 50 Jahren, seit 1971, haben im Nachbarland auch Frauen das Wahlrecht. In Deutschland hingegen konnte das Frauenwahlrecht ein halbes Jahrhundert früher durchgesetzt werden – mit der Novemberrevolution 1918. Beim Kampf um Lohngleichheit haben aber mittlerweile die Schweizerinnen größere Fortschritte erzielen können als ihre Kolleginnen in Deutschland, wo der Gender Pay Gap, das geschlechtsspezifische Lohngefälle, weiterhin enorm ist. Zudem erhält das neue Gleichstellungsgesetz der Schweiz Regelungen, von denen wir nur träumen können. Wie haben die Schweizer Frauen das geschafft? Wo steht die feministische Bewegung hierzulande? Was können wir voneinander lernen?

An der Diskussion am Donnerstag, den 19. Mai 2022, beteiligten sich Zita Küng (Zürich), die darüber informierte, wie die Schweizer:innen – zusammen mit den Gewerkschaften – 1991 und 2019 die Frauenstreiks vorbereiteten und organisierten. Und Julika Funk, Leitern der Chancengleichheitsstelle der Stadt Konstanz, die über die regionalen Entwicklungen und Initiativen berichtete. Es moderierten Mona Günther (Deutscher Juristinnenbund) und Margrit Zepf.

6. Braucht es noch Gewerkschaften? Wenn ja: welche?

Eine notwendige Debatte

Schon lange nicht mehr waren so wenige Beschäftigte in einer Gewerkschaft organisiert: Derzeit sind es nur noch 17 Prozent aller Lohnabhängigen; bei den Jüngeren ist es nur jede/r Zehnte. Und die Zahlen sinken weiter. Gleichzeitig wächst das neue Prekariat der Solo-Selbständigen wie die einsamen Arbeitskräfte der digitalen Ökonomie. Wer mobilisiert sie? Marschieren die Gewerkschaften in die Bedeutungslosigkeit? Versagt die Bewegung, weil sie zu verkrustet, zu institutionell, zu unpolitisch ist? Die Gewerkschaften, sagte einmal der französische Soziologe Pierre Bourdieu, »müssen sich ständig wandeln, um bestehen zu können«. Aber in welche Richtung? 

An der Diskussion beteiligten sich Johanna Vogt (ver.di Uni Konstanz), Moritz Gallus (TV-stud-Initiative und DGB Uni Konstanz), Manuel Oestringer (Klimacamp Konstanz und Fridays for Future) sowie Marc Stehle von der anarchosyndikalistischen Freien Arbeiter*innen Union (FAU) Stuttgart. Danach verfasste Manuel Oestringer einen lesenswerten Beitrag unter dem Titel »Können Klimabewegungen und Gewerkschaften zusammen Ziele erreichen?«, der in der Reihe Klimacamp-Blogs im regionalen Online-Magazin seemoz.de erschien

7. Mit roten Nelken auf steinigem Pfad

Auch am See haben aktive Gewerkschafter:innen aufgeschrieben, was sie in den langen Jahren ihres Engagements so erlebten. Die Bücher von Max Porzig (»Wortwelten in der Arbeiterprovinz«), Vera Hemm (»Im Zeichen der roten Nelke«) und Erwin Reisacher (»Steinige Wege am See«) sind Dokumente der Zeitgeschichte und einer kritischen Aufarbeitung der jüngeren Geschichte. Dabei stellen sie sich selbstkritisch immer wieder die Frage, welchen Sinn es haben kann, all das aufzuschreiben …

Bei der Veranstaltung am 29. Mai 2022 lasen Sabine Martin und Thomas Fritz Jung aus den Werken von Hemm, Porzig und Reisacher; Moderation: Margrit Zepf

Zwei Rundgänge zu den Orten des demokratischen und sozialen Widerstands

Eine etwas andere Stadtgeschichte zum langen Kampf für Demokratie, Freiheit und soziale Rechte in Konstanz

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