»Unser die Welt – trotz alledem«

Früher gehörten Lieder wie »Die Internationale« oder »Brüder zur Sonne, zur Freiheit« zum Repertoire jeder 1.-Mai-Kundgebung. Wo immer gestreikt, demonstriert und für Freiheit und Unabhängigkeit gekämpft wurde, war Musik ein wichtiger Teil des Protests. Das war während der demokratischen Revolution 1848 mit dem »Hecker-Lied« und Ferdinand Freiligraths »Trotz alledem« so – und später auch nicht viel anders. Kaum eine Bürgerrechtsdemo ohne »We shall overcome«, kaum ein Sit-in der Friedensbewegung ohne Songs, selbst die Anti-AKW-Platzbesetzungen hatten ihre Liedermacher:innen. Auch die vielen Auftritte von Gesangsvereinen wie dem Konstanzer »Vorwärts« zu Beginn des letzten Jahrhunderts spielten bei der Selbstvergewisserung und Selbstermächtigung der ArbeiterInnenklasse eine wichtige Rolle.

Heute klingt manches etwas anders – aber nur der Form nach. Noch immer gibt es unzählige Bands mit aufklärerischem Anspruch, die gegen Ausbeutung und Rassismus, Unterdrückung und Sexismus anspielen und klare Botschaften haben: Nie wieder Krieg, nicht aufgeben, gemeinsam handeln!

Und so hatten wir für unsere Jubiläumswochen vier Konzerte geplant, von denen drei stattfinden konnten: – Akne Kid Joe: Punkrock mit ausgestrecktem Mittelfinger

– Poetry-Slam: Poet:innen gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg

– »Working Class Heroes« – mit Mat Callahan und Yvonne Moore

Vor allem der letzte Auftritt verdient es, in Erinnerung zu bleiben – das aus San Francisco und Schaffhausen stammende Berner Duo ist wärmstens für ähnliche Veranstaltungen zu empfehlen.

Zu den beiden: Das «fabelhafte Duo» Yvonne Moore & Mat Callahan war schön öfters in Konstanz. Denn sie sind längst eine feste Größe im Programm der Zimmerbühne in der Niederburg: Mat Callahan, der US-amerikanische Musiker, Songwriter und Buchautor, und seine Partnerin Yvonne Moore, die Sängerin mit der großartigen Stimme.
Seit Jahrzehnten singen sie alte und komponieren neue Lieder des Widerstands gegen Ausbeutung, Sklaverei und politische Unterdrückung; diese Kombination aus Musik und Engagement hat ihre Karrieren und ihr Leben geprägt.

Mat Callahan, in San Francisco geboren, war bereits in der US-Bürgerrechts- und Anti-Vietnamkriegsbewegung aktiv. Er gründete mehrere Bands und ein Kulturkollektiv, schrieb und komponierte Protestlieder, die er mit Größen wie dem Liedermacher Pete Seeger sang – und veröffentlichte mehrere Bücher. Yvonne Moore, in Schaffhausen aufgewachsen, produzierte eigene Alben (etliche mit Mat) und gründete unter anderem den Verein »Art in History and Politics« (der künstlerische Ausdrucksformen der Kämpfe gegen Sklaverei und Unterdrückung bewahrt und popularisiert). Wenn die beiden nicht gerade auf Tour durch die USA, Britannien oder Irland ziehen, leben sie in Bern.

Zu ihren gemeinsamen Einspielungen gehören die CDs »Working-Class Heroes. A History of Struggle in Song«, »Songs of Freedom« (die Lieder des irischen Revolutionärs James Connolly), »Burn the Boogeyman«, »Welcome«.

Inzwischen haben sie auch ihr neuen Doppel-LP-Album »It’s right to rebel« veröffentlicht; außerdem erschien Mitte 2022 ihre Doppel-CD »Songs of Slavery and Emanzipation« (mit Textbuch). Siehe dazu die Video-Dokumentation zur spannenden Geschichte der CD-Produktion und ihrer Hintergründe.

In der Schweizer Wochenzeitung WOZ erschien ein Interview mit Mat über seine Sechzigerjahre in Kalifornien und ein Beitrag zur politischen Bedeutung des James-Connolly-Projekts. Mat Callahan hat zudem folgende Bücher publiziert: »The Trouble With Music« (AK Pass 2005); »The Explosion of Deferred Dreams. Musical Renaissance and Social Revolution in San Francisco 1965–1975« (PM Press 2017) sowie – als Mitherausgeber – »A Critical Guide to Intellectual Property« (Zen Books 2017). 

Weitere Infos bieten die Webseiten: https://matandyvonne.com und https://matcallahan.com

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